Der Mensch im Mittelpunkt

Knallrote Einkaufskörbe zieren die Regale, auf dem Tresen sind frische Waren appetitlich dekoriert. Freundliche Damen unterschiedlichen Alters verhelfen der Kundschaft zu den gewünschten Waren. Was ein bisschen wie Tante Emma Laden anmutet, ist seit genau fünf Jahren Woche für Woche Anlaufstelle für bedürftige Sassenberger: Der „Lebens-Mittel-Punkt“.

Die Initiative entstand um die Jahreswende 2007 /2008. Auf katholischer wie evangelischer Ebene gleichermaßen entwickelte sich die Idee, für bedürftige Bürger in Sassenberg so etwas wie eine „Tafel“ einzurichten. Dabei werden Lebensmittel, deren Verfallsdatum kurz bevorsteht, oder Nahrungsmittel mit kleinen Schönheitsfehlern abgeholt und an Bedürftige gegen geringe Kosten verteilt. Bedürftige erhalten günstige Lebensmittel und weniger Lebensmittel müssen sinnlos weggeworfen werden – sowohl sozial wie ökologisch besticht die Idee.
Im Januar 2008 kam passenderweise bei der „Hochzeitsmesse“ im Möbelhaus Brameyer der entscheidende Impuls, sich in einem Bund über Konfessionsgrenzen hinweg zusammenzutun. Wenig später kamen Vertreter des Kolping, der beiden Kirchen, des Caritasverbandes sowie der Stadt Sassenberg im evangelischen Gemeindehaus zusammen, um sich an die Arbeit zu machen.
Eine eigene „Tafel“ konnte nicht gegründet werden, da es für bereits bestehende Tafeln einen Gebietsschutz gibt. Daher setzten sich alle Beteiligten für eine eigene, Sassenberger Lösung ein. Man traf sich regelmäßig, steckte Wege ab und suchte nach Spendern und Sponsoren, nach Firmen und Menschen, die bereit waren, sich einzusetzen. Hierbei war es wichtig, dass man sich einig war und an einem Strick zog.

 

Bald schon konnte der katholische Pfarrer Rösner passende Räumlichkeiten vorstellen. In der Schlossstraße 5 sollte in den Räumen einer ehemaligen Metzgerei nach Überholung und Ausbau der Wasserversorgung und der Elektroanlage die erste Ausgabestelle eingerichtet werden.
Der Name der neuen Initiative wurde mit viel Sorgfalt ausgewählt. Er sollte alle Aspekte, die den Initiatoren wichtig waren, in sich vereinigen. Schließlich einigte man sich auf das Wortspiel „Lebens-Mittel-Punkt“ – eine Verbindung der Gedanken „Lebensmittel“ und „Mittelpunkt“. Ein entsprechendes Logo wurde entworfen: „Lebens-Mittel-Punkt“ – Ökumenische Initiative der Stadt Sassenberg und der Kolping-Familie. Es sollte bei der Initiative der Mensch im Mittelpunkt stehen.
Die Resonanz in der Geschäftswelt auf die Bitte um Unterstützung war sehr erfreulich: Fast alle Lebensmittelmärkte, die Bäckereien Haverkamp, Arenhövel und Thumann, sowie große Produzenten in der Nachbarschaft wie Stockmeyer und Homann waren gerne bereit sich zu beteiligen.
Am 17. Oktober 2008 schließlich startete ein Team von etwa 20 Helfern mit der Ausgabe und verteilte 24 Körbe an bedürftige Menschen. Inzwischen ist der Kreis der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer auf rund 80 Mitarbeiter angewachsen – davon allein 20 Fahrer.
Auch die Zahl der wöchentlich gefüllten Körbe ist auf 150 gestiegen; damit werden mehr als 400 Einzelpersonen versorgt. Etwa 20 Körbe werden Woche für Woche nach Füchtorf transportiert und im katholischen Pfarrheim zur Abholung bereitgestellt.
Um die Initiative auf eine sichere Basis zu stellen, wurde am 15. Oktober 2010 bei einer Versammlung im evangelischen Gemeindehaus der Lebensmittelpunkt als eingetragener Verein gegründet.
Auch die Anerkennung als gemeinnütziger Verein wurde erreicht, so dass Spenden und Mitgliedsbeiträgesteuerbegünstigt sind. Vorsitzender ist der Kolpingbruder Phillipp Röhl; Pfarrer Andreas Rösner und Pastor Michael Prien betonten mit ihrer Bereitschaft, gemeinsam das Amt des Präses zu übernehmen, die ökumenischen Fundamente des Vereins.
Inzwischen reichten die Räumlichkeiten an der Schlossstraße nicht mehr aus. Ohne Toilette und ohne Heizung waren sie als Arbeitsplatz der Ehrenamtlichen auch kaum noch zumutbar. So wurde die Ausgabestelle in Räume am Klingenhagen2 – 4 verlegt, die mit Einsatz der eigenen Kunden und viel Eigenleistung hergerichtet worden waren.
Durch Spenden der heimischen Wirtschaft,der hiesigen Banken, der Kirchengemeinden und der Stiftung der Gute Hirte konnte früh ein Kühlanhänger angeschafft werden, um leicht verderbliche Waren bedenkenlos transportieren zu können. 2010 kam als Spende der RWE ein Bulli hinzu. Damitkonnten jetzt Fahrten erledigt werden, für die bis dato allein Privatwagen zur Verfügung standen.

 

Inzwischen ist der Verein den Kinderschuhen entwachsen. Neben dem Abholen, Sortieren und Ausgeben der Waren aus den Geschäften haben die Aktiven noch weitere Initiativen gestartet. So werben sie zu Weihnachten und Ostern vor den Geschäften „Kauf ein Teil mehr“. Dabei werden die Einkaufenden gebeten, insbesondere haltbare Waren und Drogerieartikel zu erwerben und direkt zu spenden. Speziell für die Kinder wird vor Weihnachten um Spielzeugspenden gebeten, um die Gabentische zu bereichern.
Um Kunde des Lebensmittelpunktes zu werden, muss Bedürftigkeit nachgewiesen werden. Dies erledigt die Stadt. Das nötige Formular ist auch auf der Internetseite des Vereins www.lmpsassenberg.de zu finden. „Bedürftig“ im Sinne des Vereines sind dabei nicht allein Harz IVEmpfänger, sondern auch andere Menschen mit niedrigem Einkommen. Sie müssen einen Einkommensnachweis erbringen.
Neben ehrenamtlicher Hilfe kann der Verein auch durch Mitgliedschaft (Mindestbeitrag 15 Euro pro Jahr) oder Spende unterstützt werden. Beitrittsformulare liegen in der Kirche und im Gemeindehaus aus.
H. Blanke / UvB
Foto: Blanke
Sparkasse: BLZ 400 501 50; Konto 134 565 753;
Volksbank: BLZ 412 625 01; Konto 357 010 420 0;

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